Das Internet Manifest: 17 Behauptungen zum Onlinejournalismus

Ãœber ein Dutzend Blogger und selbsternannte Internetjournalisten – darunter so illustre Köpfe wie Spreeblick, Sixtus und Lobos – veröffentlichten Anfang dieser Woche das Internet-Manifest. Darin enthalten und wohl als Antwort auf die von Springer, Bauer, Burda und anderen Verlagen verabschiedete Hamburger Erklärung (PDF) zu verstehen: 17 Thesen zum Zusammenspiel zwischen Journalismus und Internet heute.

Neben allerlei bekannten und berechtigten Forderungen wie der nach Erneuerung und Anpassung des Journalismus an die heutigen Gegebenheiten finden sich auch einige fragwürdige Behauptungen wieder.

Für die Mehrheit der Menschen in der westlichen Welt gehören Angebote wie Social Networks, Wikipedia oder Youtube zum Alltag. Sie sind so selbstverständlich wie Telefon oder Fernsehen. Wenn Medienhäuser weiter existieren wollen, müssen sie die Lebenswelt der Nutzer verstehen und sich ihrer Kommunikationsformen annehmen.

Wie Telefon oder Fernsehen? Für mich, der ich mich 8 Stunden am Tag und mehr im Internet aufhalte, von diesem Medium gar lebe und zur direkten Zielgruppe von Nachrichtenportalen und journalistischen Blogs zähle, gehört weder Wikipedia, noch Youtube oder ein Social Network zum Alltag. Bei Menschen unter 15 und jenseits der 35 Jahre dürfte es nicht anders aussehen. Begeisterung für das Michmachweb in allen Ehren, liebe Unterzeichner, aber das Leben der Mehrheit [...] der westlichen Welt spielt sich noch nicht hauptsächlich in Facebook und Digg ab.

Auch dass das Urheberrecht nicht als Hebel missbraucht werden [darf], überholte Distributionsmechanismen abzusichern und sich neuen Vertriebs- und Lizenzmodellen zu verschließen kommt einer Aufforderung gleich, Urheberrechte zu missachten. Eigentum verpflichtet ist da zu lesen - aber wozu? Ich meine: Eigentum erlaubt die uneingeschränkte Verfügung über ein Gut sowie die Erteilung und Entziehung von Nutzungsrechten. Kein Bauer, der sein Mehl nicht auf dem Markt verkaufen will, weil ihm die Preise dort zu niedrig sind, darf beklaut werden, weil er sich neuen Vertriebs- und Lizenzmodellen verschließt.

Ich werde nicht auf alle Punkte hier eingehen, aber der letzte Punkt 17 sei noch genannt:

Die "Generation Wikipedia" weiß im Zweifel die Glaubwürdigkeit einer Quelle abzuschätzen, Nachrichten bis zu ihrem Ursprung zu verfolgen und zu recherchieren, zu überprüfen und zu gewichten.

Gemeint sind sicher nicht die Teens und Twens, die ihre tagesaktuellen Halbwahrheiten der Bild-Zeitung entnehmen, die "Abschlussklasse 2005" für eine Dokumentation halten und in selbstgedrehten Heimvideos YouPorn-Filmchen nachspielen, weil sie die konsumierten Szenen für Realität halten. Investigative Jugend, die danke ihrer Medienkompetenz Fakes durchschaut und Meldungen hinterher recherchiert? Gibt es dafür Studien und Belege, Herr Sixtus?

Quelle: Internet-Manifest